Drittes Werkstattgespräch: Sensibilisierung & Compliance – Teil B
Teil B des Werkstattgesprächs „Sensibilisierung und Compliance“ fokussierte konkrete Rollen, Maßnahmen und Instrumente für wirksame Kommunikation zu Arbeitsschutz und Klimawandel. Nach zwei Impulsvorträgen diskutierten die Teilnehmenden in Kleingruppen, wie Unternehmensleitungen, Führungskräfte und Mitarbeitende ihre Rolle effektiver nutzen können. Verbesserte Kommunikation fördert die Umsetzungsbereitschaft von Schutzmaßnahmen nicht nur innerhalb der Werkstore, sondern auch auf übergeordneter Ebene.
Aufgrund der Komplexität und inhaltlichen Vielfalt des Themas „Sensibilisierung und Compliance“ wurde das dritte Werkstattgespräch in zwei Veranstaltungen aufgeteilt. Teil A behandelte den Themenkomplex „Klimakommunikation in der Arbeitswelt“. Teil B beschäftigte sich mit den Erfahrungen, Bedarfen und Good Practice für erfolgreiche Kommunikation. Die digitale Veranstaltung wurde von Dr. Julia Kropf moderiert.
Compliance im Arbeits- und Klimaschutz: Chance statt Selbstzweck
Zum Einstieg ins Werkstattgespräch wurde der titelgebende Begriff „Compliance“ von Eva Schubert (BMAS) im Gespräch mit Moderatorin Dr. Julia Kropf in den Arbeitsschutzkontext eingeordnet. Für das Verständnis im Rahmen des Werkstattgesprächs war es wichtig zu erkennen, dass das Einhalten von Regeln kein Selbstzweck sein darf, um formale Anforderungen abzuhaken. Vielmehr bietet konsequenter Arbeitsschutz, der sich auf die Herausforderungen des Klimawandels einstellt, große Chancen: Es geht darum, funktionierende Strategien für Unternehmen und Beschäftigte zu entwickeln, um gemeinsam Produktivität, Arbeitsfähigkeit und Gesundheit zu schützen.
Anschließend gab Maike Voss (CPHP / neues handeln AG) Einblicke in die Vorabfrage zum Werkstattgespräch: Der Expertenkreis identifizierte das fehlende Problembewusstsein und die mangelnde Gefahrenwahrnehmung als die größten Herausforderungen. Verbesserte Rahmenbedingungen, gezielte Wissensvermittlung und wirksame Anreize wurden als wichtigste Motivatoren hervorgehoben. Der Kommunikation kommt dabei eine zentrale Hebelwirkung zu.
Unternehmen unter Transformationsdruck – Chancen nutzen und Barrieren überwinden
In ihrem Impulsvortrag „Gutes Klima für gesunde Unternehmen“ betonte Dr. Esther Heidbüchel (Collaborating Centre on Sustainable Consumption and Production), dass der Klimawandel nicht nur abstrakt „den Planeten“ bedrohe, sondern ganz konkret gerade diejenigen Unternehmen, die sich nicht darauf vorbereiten. Sie vertrat die These, dass Regulierung, Bürokratie und Berichtspflichten vor allem kleinere Unternehmen überfordern, die als Teil der Lieferkette indirekt von Regelungen für große Konzerne betroffen sind. Der entstehende Transformationsdruck könne gleichzeitig für positive Veränderungen genutzt werden, die Wettbewerbsvorteile schaffen: Die steigenden Anforderungen bieten die Chance, sich resilienter aufzustellen, die Effizienz zu steigern und neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Entscheidend sei jetzt, dass Unternehmen beginnen und die zahlreichen Informations- und Unterstützungsangebote in Anspruch nehmen.
Im zweiten Impulsvortrag „Motivierende Klimakommunikation: Wie schaffe ich es, die Beschäftigten mitzunehmen?“ analysierte Dr. Maria Klotz (Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV) die Barrieren bei der Umsetzung von klimasensiblem Arbeitsschutz und Klimaschutz in Unternehmen sowie mögliche Strategien zu deren Überwindung. Besonders wichtig sei es, menschliche Grundbedürfnisse nach Bindung, Autonomie, Selbstwert und Lustgewinn in der Klimakommunikation zu berücksichtigen. Für die Überwindung psychischer Barrieren in Kontext Klimaschutz und Klimaanpassung seien positive Beispiele, Vorbilder und Argumente, einfache Alternativen sowie authentische Geschichten maßgeblich.
Im Arbeitsschutz spielt das TOP-Prinzip eine große Rolle. Es priorisiert technische und organisatorische vor personenbezogenen Maßnahmen innerhalb einer Maßnahmenhierarchie. Das RANAS-Modell hilft, Barrieren umfasend zu adressieren, indem es die Stufen Risikowissen (Risks), Überzeugungen und Einstellungen (Attitudes), Vorbilder und Beispiele (Norms), konkrete Kompetenzen und Training (Abilities) sowie Routinen und Reflektion bei der Umsetzung (Self-Regulation) integriert.
Good Practice, Denkanstöße und angeregte Diskussionen
Anschließend war der Expertenkreis gefragt: In zwei Kleingruppen wurden über- und innerbetriebliche Ansätze, Rollen und Instrumente diskutiert, um Sensibilisierung und Compliance für Klimaanpassung und Klimaschutz in Betrieben zu stärken. Dr. Stefanie Bühn (KLUG e.V.) und Irmgard Nolte (neues handeln AG) moderierten die Gruppendiskussionen.
In der Gruppe mit Fokus auf überbetriebliche Ansätze wurden zwei Praxisbeispiele vorgestellt: Lena Bolz skizzierte, wie die Raiffeisen Waren GmbH durch Berichtspflichten Klimaschutz und -anpassung stärkt und wie ein Workshop den Impuls für die gemeinsame Auseinandersetzung mit Gefährdungen, Maßnahmen und Handlungsbedarfen gab. Klaus Pelster stellte anschließend vor, wie die Siemens AG ihre Belegschaft auf unterschiedlichsten Kanälen erreicht und wie das betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) sowie Gesundheitsförderung entscheidende Hebel werden können. Zudem informierte er über Unterstützungsmöglichkeiten durch die Offensive Mittelstand.
In der Gruppendiskussion wurde die wichtige Rolle der Unfallversicherungs-Träger als überbetriebliche Akteure hervorgehoben. Sie können in Unternehmen Anreize schaffen und mit konkreten Angeboten unterstützen. Es wurde betont, dass sowohl leistungsfähige bestehende Strukturen genutzt als auch neue Netzwerke und Partnerschaften aufgebaut werden sollten. Für die praktische Umsetzung sei entscheidend, dass Unternehmensleitungen den Schutz vor klimabedingten Gefahren und den Klimaschutz in ihre Ziel- und Leitbilder integrieren. Dies erhöhe die Motivation der Führungskräfte, die Ziele zu verfolgen. Die Gefährdungsbeurteilung wurde als wichtiges Instrument identifiziert. Partizipative Ansätze können zudem die Veränderungsbereitschaft stärken.
In der Gruppe mit Fokus auf innerbetriebliche Ansätze zeigte Ronja Endres (PECO-Institut) Wege auf, wie Auszubildende im Baugewerbe für Belange der Klimaanpassung sensibilisiert werden können. Sie betonte die Wirksamkeit von guten Vorbildern und persönlichen Gesprächen mit erfahrenen Fachkräften. Verena Kantrowitsch präsentierte Aktivitäten zu Klimaanpassung und -schutz in der Bundesagentur für Arbeit, insbesondere im Kontext des BGM und der Einrichtung von dezentralen und abteilungsübergreifenden „Green Teams”. In diesem Zusammenhang wurde diskutiert, inwiefern bestimmte Begriffe wie „Klima“ oder „grün“ stark polarisieren.
In der Gruppendiskussion wurde deutlich: Die Bestandsaufnahme, welche Akteure im Betrieb aktiv sind und Einfluss haben, ist ein entscheidender Schritt. Es gelte, Führungskräfte zu motivieren, den Arbeitsschutz zu leben und diese Motivation an Beschäftigte weiterzugeben. Die Vorbildfunktion von Führungskräften und erfahrenen Mitarbeitenden wurde hervorgehoben – als Beispiel wurde Antje von Dewitz, Geschäftsführerin von VAUDE genannt, die ihre Visionen und Werte authentisch ins Unternehmen und an die Öffentlichkeit vermittelt.
Informationskampagnen und Unterweisungen dienen als wiederkehrender Kontaktpunkt und seien damit konkrete und wirksame Instrumente auf innerbetrieblicher Ebene. Dabei sei vor allem eine zielgruppengerechte Sprache wichtig. In der Baubranche erwiesen sich eine wertschätzende Ansprache, eine persönliche Vorteilsübersetzung und positive Veränderungsmöglichkeiten als besonders wirksam.
Zusammenfassung und Ausblick
Die Veranstaltung endete mit der Zusammenfassung der Gruppendiskussionen und einem Ausblick auf die nächsten Schritte im Politikwerkstatt-Prozess. Das vierte Werkstattgespräch mit dem Schwerpunktthema Vektoren und Gefahrstoffe, in dem Gefahrstoffe und Vektoren behandelt werden, steht am 06. November an. Diese Veranstaltung gliedert sich in zwei Blöcke und wird drei Stunden dauern.